Die Legende
von
Cornbrant ap Midbar



Prolog

Das Wappen von Midbar

Der Kleinerbe

Isostar ap Linth

DER GROSSFÜRST

Dolomit tren Keer

Caradurs Feuergang

Brinnentrutz

Stiftenbrants Tod

Das Banner von Turgenien

Die Glatte Ebene

Arynmon

Auf "Großer Fahrt"

Lure Ogertod

Operation Wildschwein




Index

Stammbaum

Zeittafeln



"Die Legende von Cornbrant ap Midbar" und die darin geschilderten fiktiven Personen, Orte und Begebenheiten sind mein geistiges Eigentum, sofern es sich dabei nicht um Begriffe aus dem kollektiven Unterbewusstsein der Menschheit, ihrem reichen Kulturschatz oder gar der Unterhaltungsindustrie handelt. Besonders auf solche letzterer Provenienz erhebe ich selbstredend keinerlei Ansprüche, gell?

Hamburg, 2008

 
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  Cornbrant ap Midbar

Abschnitt I – Worin Cornbrant mit den harten Fakten konfrontiert wird

Cornbrant ap MidbarAls der Herold von Abregon tränenreich die Kunde von Ancalagons Untat und dem Verschwinden der Thronerbin Helgward auf Brantenburg hinterbracht hatte, herrschte Schweigen, und der Herr von Groß-Midbar war sich der Blicke wohl bewußt, die auf ihn gerichtet waren: "Gürtet Eure Lenden, o Herr von Midbar, und sputet Euch, das Leben des hörnernen Halunken auszulöschen, auf dass wieder Ruhe einkehre in den Landen" oder etwas in der Art sollten sie wohl bedeuten.
Groß-Fürst und Oberster Lehensherr, ultimativer Beschützer von Witwen und Waisen, Hüter des Reichs und Vernichter jedwelcher staatsfeindlicher Unholde zu sein, lastete schwer auf Cornbrant ap Midbar, hatte schon schwer gelastet, als ihn im zarten Alter von zwei Jahren sein Großvater auf den Schoß nahm, um ihm mitzuteilen, dass in Ermangelung anderer Kandidaten vom Blute Stiftenbrants er – der kleine Hosenscheißer – in ein paar Jahren den Thron von Groß-Midbar würde besteigen müssen. "Ich möchte lieber wie du werden", hatte Cornbrant, damals hörte er noch auf die Namen Tok, Mücklein oder eben auch Kleiner Hosenscheißer, geantwortet.
Worauf Sturtbrant lächelte.

Cornbrant konnte sich an diese Begebenheit aus seiner frühesten Kindheit womöglich nur deshalb erinnern, weil sein Großvater ansonsten nicht zu lächeln pflegte. Er war Zeit seines Lebens ein Stirn-Runzler, Verwünschungen-Brummler und Abfällig-durch-die-Nase-Schnauber.
Was Cornbrant nicht wußte: Es gab einen Menschen, der vor langen Jahren die Macht gehabt hatte, dieses Lächeln jederzeit wecken zu können.

Sei's drum: Cornbrant saß in der Patsche. Gern oder ungern, er hatte die Pflicht, etwas zu unternehmen, und genau dies (nicht genau dies, das "gern oder ungern" ließ er aus Gründen der Staatsraison weg) sagte er dem versammelten Hofstaat und dem Abgesandten der Seekönigin.
Dann zog er sich in die Bibliothek zurück.

 

Abschnitt II – Worin nach harter Arbeit ein Urlaub geplant wird

midbarlogo_klein_gr ap MidbarDolomit tren Keers Von Vyrmern unt anderm geflygelten Gelichter war unbestritten das Standard-Werk der Drachenkunde. Der Autor, ein ausländischer Bergkundler, hatte auf seinen zahlreichen Touren so manchen Drachenhorst von aussen gesehen, und – wenn man den Gerüchten glauben schenken wollte – mindestens einen, nämlich seinen letzten, auch von innen.
Das letzte Mal, dass Cornbrant die beglaubigte Abschrift der verschollenen Original-Schriftrolle aus dem Regal genommen hatte, lag etwa sieben Jahre zurück. Damals hatte der Kleinerbe von Turgenien in der von ihm in Besitz genommenen Domäne Linth angeblich einen Drachen erschlagen, und der Fürst von Midbar suchte auf Anregung seines Großvaters in den Aufzeichnungen tren Keers einen Hinweis, mit der sich Isostars Schilderung als platte Lüge entlarven ließe – alles eine Frage der Machtpolitik, wie ihm Sturtbrant versicherte.
"Wer weiß, ob eines Tages gewisse Informationen nicht helfen mögen, die Mauern von Brantenburg zu halten."

Der gesuchte Eintrag war, wie das Subjekt es erwarten ließ, recht ausführlich. Laut tren Keer war Ancalagon der Schwarze der letzte seines Geschlechts, horstete auf den südöstlichen Gipfeln des Müden Gebirges und hatte schon mehr Königreiche in Schutt und Asche gelegt, als selbst die finstersten Sagen zu berichten wußten. Legion war die Zahl der durch ihn zu Tode gekommenen Helden, und Myriaden von Prinzessinnen hatte er auf dem Gewissen. Von seiner Tätigkeit als Vollstrecker des Schwarzmagiers Almadaar war in Von Vyrmern allerdings nichts zu lesen, im Gegenteil: immer habe der König der Drachen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gehaust.
Der Abschnitt endete mit dem Hinweis auf eine vom Autor geplante Expedition nach Laurinien, dem bevorzugten Aufenthaltsort Ancalagons, für die er auf pecuniaere Hülfe auch kleynsten Umfangs angewiesen zu sein betonte, zu hinterlegen beym Drachenschedel-Wirth zu Schlysselstadt.

Über Almadaar fand Cornbrant bedeutend weniger in seiner Bibliothek. Natürlich kannte Cornbrant den Erzbösewicht aus den Erzählungen seiner Kindheit, aber den Schriften zufolge schien er eine Märchengestalt zu sein wie Bron Steinriese oder der Regenbogenkrieger. Schließlich stieß er dann doch noch auf einen Hinweis: Lolch Markgraf von Globis Namen aller Wesen und Unwesen verwies in den Quellenangaben auf das Werk Der Herr der Schatten in der Sekundärliteratur von Anonymus.

Über vierzig Schriftrollen umfasste die Bibliothek von Brantenburg, doch das erwähnte Werk war nicht darunter. Also gab es nur noch eine Möglichkeit, etwas über Almadaar zu erfahren. Summend erhob sich ap Midbar von seinen Studien, trat ans Fenster und blickte gen Westen. Ein Plan reifte in ihm, dermaßen kühn und ... erfreulich, dass ihm schier der Atem stockte: Er würde Bildungs-Urlaub machen.

 

Abschnitt III – Worin ein Großvater beschummelt wird

Cornbrant ap MidbarDer direkte Weg von Brantenburg nach Brinnentrutz war ohne Zweifel der Alte Pfad, über den vor Zeiten Burginbrant und sein Gefolge nach Midbar gekommen waren. Gut ausgebaut und mit schmucken Wegweisern und Gedenktafeln versehen führte er einen einigermaßen geübten Fußgänger binnen dreier Tage von Brantenburg entlang der Branter Aa hinunter bis zum Dorf Erstrebenswert, von dort hinauf zum Ewigkeitspass und dann durch die Täler der Rechtsberge hinüber nach Caragon.
Doch diese Strecke reizte Cornbrant wenig, wurde sie doch von Brinnentrutz-Pilgern, Caragon-Nostalgikern, minderjährigen Ödlandritter-Anhängern, mittelständischen Kulturwanderern und sonstigen Fanatikern und Traditionalisten jeglicher Couleur als Hauptreise-Route benutzt, um das Ziel ihrer Wünsche zu erreichen: die heilkräftigen Quellen am Grabe von Baladur, ein einiges und ungeteiltes Groß-Caragon, eine wüste Party in den Ruinen von Muntgard, die beeindruckende Inschrift Burginbrants am Ewigkeits-Paß oder was auch immer.
Der Fürst wollte stattdessen die Landstraße nach Salztor nehmen und dort den Weißenstein-Berg überqueren. Danach würde man weitersehen; eventuell ein Abstecher zum Großen Schafstall, möglicherweise die landschaftlich besonders reizvolle Strecke zum Glaserberg ... er hatte Zeit, der Frühling lachte und die Archive von Brinnentrutz würden auch in einem Monat noch nicht zu Staub zerfallen sein.
Die Auseinandersetzung mit seinem Großvater hatte sich zu Cornbrants Überraschung in Grenzen gehalten. Der alte Mann hatte nach kurzem Wortwechsel die Unumgänglichkeit einer Recherche in der riesigen Bibliothek von Brinnentrutz ein- und von der Notwendigkeit einer Eskorte abgesehen als sein Enkel darauf hinwies, dass er inkognito zu reisen gedenke.
"Das ist gar keine schlechte Idee; zu dieser Jahreszeit wimmelt es auf dem Alten Pfad von Traditionalisten und Fanatikern jeglicher Couler. Ohne Leibgarde gehst du vermutlich als einer von ihnen durch."
"Vermutlich", entgegnete Fürst Midbar und lachte sich ins Fäustchen.

Spät abends, beim Licht der Nachttisch-Kerze, beschloß Cornbrant, seinem Großvater zu sagen, dass er eine andere Route gewählt hatte. Allfälligem Widerspruch würde er mit einem beherzten "Es ist mein fürstlicher Wille" entgegentreten.up
Dann verwarf er diesen Gedanken, löschte das Licht und schlief ein.