Die Legende von Cornbrant ap Midbar
Prolog
Das Wappen von Midbar
Der Kleinerbe
Isostar ap Linth
Der Großfürst
Dolomit Tren Keer
Caradurs Feuergang
Brinnentrutz
Stiftenbrants Tod
Das Banner von Turgenien
Die Glatte Ebene
Arynmon
Auf "Großer Fahrt"
Lure Ogertod
OPERATION WILDSCHWEIN
Index
Stammbaum
Zeittafeln
"Die Legende von Cornbrant ap Midbar" und die darin geschilderten fiktiven Personen, Orte und Begebenheiten sind mein geistiges Eigentum, sofern es sich dabei nicht um Begriffe aus dem kollektiven Unterbewusstsein der Menschheit, ihrem reichen Kulturschatz oder gar der Unterhaltungsindustrie handelt. Besonders auf solche letzterer Provenienz erhebe ich selbstredend keinerlei Ansprüche, gell?
Hamburg, 2008 Impressum
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Abschnitt I Worin der Käse in den Wein fällt
Hutsen hatte sich ein Stück Käse auf das Messer gespießt, nahm einen Bissen, kaute genüsslich und spülte mit Wein nach.
"Bitte, bedient euch doch."
"Komm' endlich zur Sache!"
"Ja", stimmte Cornbrant zu, griff aber dennoch zu. "Was soll das alles?"
"Wie ich schon sagte: Es geht um Politik. Vor sieben Jahren habe ich für Isosthrond ap Turgenien einen kleinen Auftrag erledigt."
"Turgenien?! Du bist Angestellter meines Großvaters, hast du gesagt."
"Mein Vertrag endete nach unserer Fahrt. Ich war frei, zu tun, was immer ..." "Blödsinn! Das ist illoyal! Du bist Brantenburger!"
"Ich bin Dienstleister! Und meine Loyalität gehört jedem, der mich bezahlt."
"Käuflich bist du!"
"Na und?!"
Cornbrant verschlug es für einen Moment die Sprache. Schließlich meinte er bitter: "Da kann ich ja von Glück sagen, dass du dafür bezahlt worden bist, mich zu beschützen."
"Jetzt hör aber auf ..!"
"Schluss jetzt, ihr zwei!!"
Der Hieb auf die Tischplatte ließ die beiden alten Freunde zusammenfahren.
"Dein Käse ist in den Wein gefallen, Hutsen."
Hutsen sah sinnend auf die leere Messerspitze, dann in seinen Becher. Schließlich meinte er, sichtlich pikiert: "Ich würde nicht jeden Auftrag annehmen."
"Na schön."
"Weiter!"
"Alles lief soweit gut, und die Fürstin versprach, sich bei Bedarf wieder bei mir zu melden. Vor vier Jahren war es dann soweit. Inzwischen saß Inisthrond auf dem Thron, und diese erzählte mir eine ziemlich wilde Geschichte über irgendwelche Komplotte, Hochverrat und Mord. Und danach fragte sie mich, ob ich die Leitung bei einer Geheimoperation mit Namen ,Wildschwein' übernehmen würde."
"Operation Wildschwein?"
"Richtig. Ziel der Operation sollte es sein, einen unmittelbar bevorsehenden Umsturz zu verhindern."
"Umsturz in Turgenien? Dass ich nicht lache!"
"Nicht in Turgenien, sondern in Groß-Midbar jetzt ist dein Käse in den Wein gefallen."
Abschnitt II Worin ein Geheimbefehl veröffentlich wird
Dieses Dokument aus den Geheimarchiven von Turgenien ist uns von einem waghalsigen Enthüllungsjournalisten zugespielt worden. Herzlichen Dank!
Abschnitt III Worin Hutsen seine Forderung stellt
Mit unbewegter Miene hatte sich Moradur Hutsens Ausführungen angehört, war dann ruhig aufgestanden, um den Tisch herumgegangen, hatte ihm selten hat diese Formulierung besser gepasst mächtig eins in die Schnauze gehauen und sich dann wortlos wieder hingesetzt und ihre schmerzenden Fingerknöchel geknetet. Der Niedergeschlagene rappelte sich auf, stellte den umgestürzten Stuhl hin, setzte sich ebenfalls und betastete vorsichtig seine geplatzte Unterlippe.
Alles ging so schnell, dass Cornbrant sich nicht mal darüber wundern konnte, dass die Fürstin von Brinnentrutz angesichts der ungeheuerlichen Tatsachen so kontrolliert reagierte.
Nach einem längeren Schweigen ergriff der Unterkommandant als erster das Wort: "Ich war naiv. Ich hatte mir das Ganze eher wie ,Räuber und Gendarm' vorgestellt: ärgern, weglaufen, verstecken. Aber diese TSEler, die Inisthrond mitgeschickt hat, waren echt finstere Typen und haben gleich damit angefangen, Höfe abzufackeln und Leute umzubringen ... es tut mir ehrlich leid."
Moradur verzog angewidert die Lippen.
"Und um mir das zu sagen, hast du dieses Treffen verlangt? Dass es dir leid tut?"
Cornbrant vermeinte jetzt doch ein leichtes Zittern in Moradurs Stimme zu hören, sie musste unter einer enormen Anspannung stehen.
"Ich weiß, dass ich die Verantwortung für das alles trage; und ich weiß, dass meine Reue die Toten nicht wieder lebendig macht. Aber dies hat nun ein Ende, Fürstin. Wir haben das Problem mit den TSElern gelöst zumindest vorläufig: sie und ihre Anhänger sind von uns weit in den Südwesten abgedrängt worden, wo sie keinen Schaden anrichten können. Und dieses Treffen soll dazu dienen, den Frieden in Caragon wieder herzustellen in ganz Caragon! Wir werden euch helfen, die Turgenier und ihre Anhänger endgültig zu neutralisieren; unter einer Bedingung." Jetzt ist es soweit, dachte Cornbrant. Jetzt bringt sie ihn um.
Doch Moradur entgegnete wenngleich etwas schmallippig lediglich: "Nenne deine Forderung!" Und Unterkommandant Pod sprach: "Freiheit!"
Abschnitt IV Worin ein Vertrag geschlossen wird
Wir verzichten auf eine detailierte Beschreibung der Fragen, Erläuterungen, Einwände, Kompromissvorschläge, Pauschalurteile und Gegenanschuldigungen, die jetzt folgten. Im August 610 ratifizierten die Vertreter Caragons und der Ödlandritter einen Vertrag, der die Voraussetzung für die Gründung einer Freien Herrschaft Muntgard schuf, dem ersten und wohl einzigen aus Groß-Midbar hervorgegangenen von diesem unabhängige Staatsgebilde bis zur Sezession Lymaniens und dem Zerfall des Reiches.
Wie sich die Freie Herrschaft weiterentwickelte oder welche Sozialstruktur und Herrschaftsform dort galt, lässt sich aufgrund des gegenwärtigen Forschungsstandes nicht sagen. Man kann davon ausgehen, dass sich die Freie Herrschaft diesbezüglich stark von den Fürstentümern Groß-Midbars unterschied. Von den wenigen Hinweisen auf die räte- oder basisdemokratische Organisationsstruktur der Ödlandritter auf eine ebensolche Staatsform zu schließen wie dies von Vertretern des postsozialkonstruktivistischen Lagers neuerdings gemacht wird ist wissenschaftlich allerdings unhaltbar.
Der vorliegende Vertragstext ist eine unautorisierte Abschrift des verloren gegangenen Originaldokuments. Altertumsforscherinnen und -forscher aus aller Welt haben zu Ehren des anonymen Kopisten oder der anonymen Kopistin im Oktober 1997 eine Gedenktafel in der Smithonian Institution in Washington D.C. (USA) gestiftet.
Der Vertrag, welcher im Herbst des Jahres 610 geschlossen wurde, kann wenngleich er staats- und völkerrechtlich einige Fragen aufwirft als erster überlieferter Staatsvertrag der Menschheitsgeschichte angesehen werden und ist zugleich Zeugnis eines in der durischen tribal-feudalistisch geprägten Gesellschaft mit ihren klaren Klassen-, Kasten- und Sippenstrukturen eigentlich undenkbaren Vorganges: Angehörige der Hohen Familien akzeptieren "einfaches Volk", eine nach damaligem Verständnis nicht ebenbürtige Gesellschaftsgruppe, als gleichberechtigte Vertragspartner.
Nebenhergesagt ist ein interessantes Detail im Vertragstext die Erwähnung von Hutsens Herkunft: Seine Mutter hieß Henke, und eine Henke ist für die Zeit der Ogerfeldzüge als Gehilfin von Burgingroms Fouragemeister in den Soldlisten aufgeführt. Wenn es sich hierbei nicht um eine wenig wahrscheinliche Namensduplizität handelt, ist Hutsen folglich nicht etwa Brantenburger sondern stammt aus Osselburg.
Abschnitt V Worin Turgenien nicht weiter weiß
Als in Turgenien die Geheimkuriere aus Caragon plötzlich ausblieben und alle Versuche scheiterten, mit dem OpLt oder seinem Kader Verbindung aufzunehmen, wurde "Operation Wildschwein" schließlich stillschweigend ausgesetzt und alle diesbezüglichen Aktivitäten von seiten des Militärischen Sicherheitsdienstes Turgenien eingestellt. Inisthrond, von ihren schweren Kriegsverletzungen kaum genesen, grämte sich sehr und sah vorerst keine Möglichkeit, ihre Pläne weiterzuverfolgen.
Im Spätherbst 610 erfuhr sie durch eine Botschaft des einzigen noch lebenden "Wildschwein"-Mitglieds von den Erreignissen in Caragon und von Hutsens "Verrat", worauf sie einen schweren Rückfall erlitt. Ihre elfjährige Tochter wurde vorsorglich als Eristhrond zur Großerbin ernannt.
Wird fortgesetzt ...
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